Food and Drug Administration

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Food and Drug Administration
— FDA —
Staatliche Ebene Bund
Aufsichts­behörde(n) Gesundheitsministerium (United States Department of Health and Human Services)
Bestehen seit 1927
Hauptsitz Silver Spring, Maryland,
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
FDA Commissioner Janet Woodcock
Mitarbeiter ca. 13.500 (2012)[1]
Website www.fda.gov

Die U.S. Food and Drug Administration, abgekürzt FDA, deutsch US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel, ist die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten. Als solche ist sie dem amerikanischen Gesundheitsministerium unterstellt. Die FDA wurde 1927 gegründet und ist in White Oak angesiedelt nahe der Stadt Silver Spring im US-Bundesstaat Maryland. Die als FDA Commissioner bezeichnete amtierende Leiterin der Behörde ist Janet Woodcock.[2] Es gibt vier Direktoren für die Hauptaufgaben der Behörde.[3]

Ihre Aufgabe ist der Schutz der öffentlichen Gesundheit in den USA. Die FDA kontrolliert die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln der Human- und Tiermedizin, biologischer Produkte, von Medizinprodukten, Lebensmitteln, strahlenemittierenden Geräten, Tabakprodukten und Kosmetik. Dies gilt für in den USA hergestellte wie auch für importierte Produkte.

Sämtliche in den USA zugelassenen Medikamente müssen bei Pharmaherstellern gefertigt werden, welche von der FDA (oder internationalen Partnerbehörden gemäß den geschlossenen Abkommen[4][5]) inspiziert wurden und deren Herstellungsanlagen den Regularien entsprechen. Hersteller von Medizinprodukten und deren Medizinprodukte müssen bei der FDA registriert bzw. gelistet sein um legal in den USA vertrieben zu werden.

Die Errichtung und das Wachstum einer Behörde zum Zwecke des Verbraucherschutzes bei der Arzneimittelanwendung ist im Zusammenhang zu sehen mit verschiedenen gesetzgeberische Reaktionen auf Arzneimittelzwischenfälle, insbesondere des Diphtherie-Antitoxin-Vorfalls von 1901, der Sulfanilamid-Katastrophe von 1937 und des Thalidomid-Vorfalls von 1960.[6]

1901 erkrankte ein Pferd namens Jim, dessen Blutserum in den USA zur Erzeugung von Diphtherie-Antiseren verwendet wurde, an Tetanus. Kurz danach starben 13 Kinder an Tetanus. Die Woman’s Christian Temperance Union führte daraufhin eine öffentliche Kampagne zur Schaffung eines Gesetzes gegen Lebensmittelverunreinigungen und damals gebräuchliche Arzneimittel.[6] Am 1. Juli 1902 wurde der Biologics Control Act von US-Präsident Theodore Roosevelt unterzeichnet, in dem erstmals bundesweit Regeln für Biopharmaka und Impfstoffe aufgestellt wurden.[7]

1906 unterzeichnete Roosevelt den Pure Food and Drug Act, nach dem Leiter des Bureau of Chemistry auch Wiley Act genannt, der die Verbringung verfälschter Lebens- oder Arzneimittel zwischen Bundesstaaten untersagte. Die Überwachung unterlag dem Bureau of Chemistry; dieses war dem Landwirtschaftsministerium unterstellt.[8] 1927 wurde die Aufsichtsfunktion des Bureau of Chemistry in einer neuen Behörde, der Food, Drug, and Insecticide Administration, zusammengefasst, die 1930 in Food and Drug Administration umbenannt wurde.

Die Sulfanilamid-Katastrophe führte zur Verabschiedung des Food, Drug, and Cosmetic Act im Jahr 1938, der eine Prüfung von Arzneimitteln vor der Markteinführung vorschrieb, irreführende therapeutische Behauptungen verbot und der FDA weitreichende Eingriffsbefugnisse gab. Bis heute ist dieses Gesetz die Grundlage der meisten FDA-Regulationen.[6]

Nach dem Contergan-Skandal wurde der Food, Drug, and Cosmetic Act 1962 um das Kefauver-Harris Amendment erweitert, das die Pharmaunternehmen verpflichtet, die Wirksamkeit und Sicherheit von neuen Arzneimitteln nachzuweisen.[9]

Im Februar 2020, als die Gefährlichkeit der COVID-19-Pandemie in den Vereinigten Staaten noch nicht erkannt und US-Präsident Donald Trump wiederholt behauptete, sie sei under control[10] setzte Stephen Hahn, der Chef der FDA, Regeln in Kraft, die es Krankenhäusern, Privatkliniken und Unternehmen erschwerten, diagnostische Tests wie COVID-19-Tests in Notfällen einzusetzen. Andere Länder machten damals schon zehntausende Tests am Tag, in den USA waren es weniger als 100 täglich. Ende Februar 2020 wurden die Regeln gelockert.[11]

Aufgabe der FDA

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit ist Aufgabe der FDA. Dies geschieht u. a. durch Unterstützung oder Beschleunigung von Innovationen, die Arznei- und Lebensmittel effektiver, sicherer und erschwinglicher machen können. So können durch beschleunigte Zulassungsverfahren neuartige Medikamente schneller für Patienten zugänglich gemacht werden, um z. B. bisher unbehandelte Krankheiten besser therapieren zu können. Dabei unterstützen unabhängige Experten die FDA in der Entscheidungsfindung über die Zulassung oder Ablehnung neuer Medikamente. Des Weiteren veröffentlicht die FDA genaue, wissenschaftlich fundierte Informationen zum Gebrauch von Arznei- und Nahrungsmitteln zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit. Angesichts der trotz erheblichen Forschungsaufwandes zum Zeitpunkt der Zulassung nur begrenzt aussagekräftigen Informationen zur Arzneimittelsicherheit wurde von manchen Wissenschaftlern vorgeschlagen, das Zulassungssystem umzugestalten: eine Kombination aus häufiger zu erteilenden bedingten Zulassungen und verbesserter unabhängiger Arzneimittelüberwachung nach der Zulassung solle insgesamt zu einer besseren Arzneimittelsicherheit führen.[12]

Nahrungsergänzungsmittel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1994 wurde der Dietary Supplement Health and Education Act verabschiedet.[13] Dieser regelt, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel und nicht als Arzneimittel zu klassifizieren sind. Deswegen müssen sie nicht mehr von der FDA zugelassen werden. Ein Nahrungsergänzungsmittel muss heute zuerst als erwiesenermaßen schädlich gelten, bevor die FDA eingreifen kann.

Die vier Direktoren sind für folgende Hauptaufgaben zuständig:[3]

  • Medical Products and Tobacco (medizinische Produkte und Tabak)
  • Foods (Lebensmittel)
  • Global Regulatory Operations and Policy (Allgemeine Regulierung)
  • Operations (Vollzugs- und Organisationsangelegenheiten)

Die FDA hat zahlreiche Abteilungen, Zentren und Büros, die entweder direkt der Leitung oder einem der vier Direktoren unterstellt sind. Nach einer Restrukturierung 2019 gehören dazu[14]:

  • Office of the Commissioner (DCA, Büro des Behördenleiters)
  • Center for Biologics Evaluation and Research (DCB, Zentrum für biologische Bewertung und Forschung)
  • Center for Devices and Radiological Health (DCC, Zentrum für medizinische Geräte und Strahlenschutz)
  • Center for Drug Evaluation and Research (DCD, Zentrum für Arzneimittelbewertung und -forschung)
  • Center for Food Safety and Applied Nutrition (DCE, Zentrum für Lebensmittelsicherheit und angewandte Ernährung)
  • Center for Tobacco Products (DCF, Zentrum für Tabakprodukte)
  • Center for Veterinary Medicine (DCG, Zentrum für Tiermedizin)
  • Oncology Center of Excellence (DCH, Onkologisches Kompetenzzentrum)
  • Office of Regulatory Affairs (DCI, Büro für Überwachungsaufgaben)
  • Office of Clinical Policy & Programs (DCJ, Büro für klinische Richtlinien und Programme)
  • Office of Food Policy & Response (DCL, Büro für Ernährungspolitik & Reaktion)
  • Office of the Chief Scientist
  • National Center for Toxicological Research (DCP, Nationales Zentrum für toxikologische Forschung)

Leiter der Behörde

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Langjähriger Leiter in der Gründungszeit war Walter Gilbert Campbell, der von 1921 bis 1924 und 1927 bis 1944 amtierte.

Name Bild ernannt entlassen amtierender US-Präsident
Donald Kennedy 1977 1979 Jimmy Carter
David A. Kessler 8. November 1990 28. Februar 1997 George H. W. Bush

Bill Clinton

Jane E. Henney 17. Januar 1999 19. Januar 2001 Bill Clinton
Mark McClellan 14. November 2002 26. März 2004 George W. Bush
Lester Crawford 18. Juli 2005 23. September 2005 George W. Bush
Andrew von Eschenbach 13. Dezember 2006 20. Januar 2009 George W. Bush
Margaret Hamburg 22. Mai 2009 1. April 2015 Barack Obama
Stephen Ostroff Februar 2015 Januar 2016 Barack Obama
Robert Califf Februar 2016 Mai 2017 Barack Obama
Scott Gottlieb Mai 2017 April 2019 Donald Trump
Stephen Hahn Dezember 2019 Januar 2021 Donald Trump
Janet Woodcock Januar 2021 Joe Biden

Der FDA wird von mehreren englischsprachigen Zeitschriften Nähe zu der von ihr regulierten Pharma-Branche vorgeworfen. Die Organisation wird teilweise durch dieselben Unternehmen finanziert, deren Vorgehen geprüft werden soll,[15] und ehemalige Beschäftigte der regulierenden Organisation wurden später für die jeweiligen Konzerne tätig.[16] Die Zahlungen der Pharma-Industrie für Zulassungsuntersuchungen sind in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen. 1993 wurde die FDA zu 27 % über solche Gelder finanziert, 2017 schon zu 75 %. Auch evaluierende Ärzte innerhalb der Organisation erhielten Zahlungen der pharmazeutischen Unternehmen.[17]

In der Öffentlichkeit gibt es eine anhaltende Debatte über die Wirksamkeit von neu zugelassenen Arzneimitteln. Im Jahr 2011 ergab eine Umfrage unter 4316 US-Bürgern, dass 39 % fälschlicherweise glauben, die FDA genehmige nur extrem wirksame Medikamente.[18] Jüngste Metaanalysen und Peer-Review-Studien ergaben jedoch, dass das durchschnittliche neu zugelassene Medikament den Patienten nur einen geringen klinischen Nutzen bietet, insbesondere bei neuen Krebsmedikamenten.[19][20][21]

Commons: Food and Drug Administration (United States) – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Distribution of Full Time Equivalent (FTE) Employment by Program. fda.gov, abgerufen am 5. März 2014. (PDF-Datei, 469 kB, englisch).
  2. Janet Woodcock M.D., Commissioner of Food and Drugs. fda.gov, abgerufen am 29. März 2021 (englisch).
  3. a b FDA Organization. fda.gov, abgerufen am 31. Juli 2017 (englisch).
  4. H. Feldwisch-Drentrup: EMA und FDA stärken Zusammenarbeit. In: DAZ.online. 3. März 2017, abgerufen am 5. Januar 2020.
  5. Mutual Recognition Agreement (MRA). In: www.fda.gov. 5. August 2020, abgerufen am 5. Januar 2020.
  6. a b c Ronald Hamowy: Medical Disasters and the Growth of the FDA. Independent Policy Reports, The Independent Institute, 2010 (PDF-Datei, englisch).
  7. Statutes at Large: 57th Congress. Session 1, Chapter 1378, 1902 (PDF-Datei, englisch).
  8. Centennial of FDA. fda.gov (englisch).
  9. The Kefauver-Harris Amendments. fda.gov (englisch).
  10. It’s out of Contol. The Lincoln Project (englisch)
  11. The lost month: How a failure to test blinded the U.S. to Covid-19. nytimes.com, 28. März 2020 (englisch)
  12. Curt D. Furberg, Arthur A. Levin, Peter A. Gross: The FDA and Drug Safety. In: Archives of Internal Medicine. Band 166, Nr. 18, 9. Oktober 2006, S. 1938–1942, doi:10.1001/archinte.166.18.1938 (englisch).
  13. US Dietary Supplement Health and Education Act of 1994. fda.gov (englisch).
  14. FDA Organization Chart fda.gov, abgerufen am 15. Juli 2021 (englisch).
  15. C. Michael White: Why is the FDA funded in part by the companies it regulates? Abgerufen am 16. Mai 2022 (englisch).
  16. FDA's revolving door: Companies often hire agency staffers who managed their successful drug reviews. Abgerufen am 16. Mai 2022 (englisch).
  17. Caroline Chen: FDA Repays Industry by Rushing Risky Drugs to Market. Abgerufen am 16. Mai 2022 (englisch).
  18. Lisa M. Schwartz, Steven Woloshin: Communicating uncertainties about prescription drugs to the public: a national randomized trial. In: Archives of Internal Medicine. Band 171, Nr. 16, 12. September 2011, ISSN 1538-3679, S. 1463–1468, doi:10.1001/archinternmed.2011.396, PMID 21911629.
  19. Tito Fojo, Sham Mailankody, Andrew Lo: Unintended Consequences of Expensive Cancer Therapeutics—The Pursuit of Marginal Indications and a Me-Too Mentality That Stifles Innovation and Creativity: The John Conley Lecture. In: JAMA Otolaryngology–Head & Neck Surgery. Band 140, Nr. 12, 1. Dezember 2014, ISSN 2168-6181, S. 1225, doi:10.1001/jamaoto.2014.1570 (jamanetwork.com [abgerufen am 12. August 2022]).
  20. Aviv Ladanie, Andreas M. Schmitt, Benjamin Speich, Florian Naudet, Arnav Agarwal: Clinical Trial Evidence Supporting US Food and Drug Administration Approval of Novel Cancer Therapies Between 2000 and 2016. In: JAMA Network Open. Band 3, Nr. 11, 10. November 2020, ISSN 2574-3805, S. e2024406, doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.24406, PMID 33170262 (jamanetwork.com [abgerufen am 12. August 2022]).
  21. Daniel Tobias Michaeli, Thomas Michaeli: Overall Survival, Progression-Free Survival, and Tumor Response Benefit Supporting Initial US Food and Drug Administration Approval and Indication Extension of New Cancer Drugs, 2003-2021. In: Journal of Clinical Oncology. 3. August 2022, ISSN 0732-183X, S. JCO.22.00535, doi:10.1200/JCO.22.00535.